30. Dezember 2006

Pleuelstangen und der CNC-Reinfall

Die nächste Aufgabe - die Bearbeitung der gabelartigen Pleuelstangen ("fishbone connecting rods") - hat mir große Schwierigkeiten bereitet. Langsam werden die Grenzen der kleinen Werkzeugmaschinen sichtbar, und insbesondere das Fehlen von geeigneten Hilfsmitteln, um die Werkstücke vernünftig zu befestigen.


Die Bearbeitung (alles, was man sich als Amateur wünscht: Einrichten, Vorbohren, Trennen, Gewindeschneiden, Fräsen, Ausdrehen, Reiben) ist deshalb wichtig, weil die kleinsten Abweichungen dazu führen, dass der Kreuzkopf und die ganze Mechanik klemmen.



Das Pleuel im Lieferzustand (Bronze)

Das Teil ist unhandlich, es ist nicht einfach, es an den Bearbeitungspunkten kurz zu befestigen. Mehrere Versuche waren nötig, bis das Rütteln und Schwingen beim Bohren und Fräsen verschwanden.


Versuch 1 mit dem Schraubstock: lange, freie Strecken, große Scwingungen



Versuch 2 mit dem Teilapparat: nicht wesentlich besser



Versuch 3 mit Befestigungswinkel und Pratzen: ja, so ging es...

Nach Trennen der Lagerdeckel (oben zwei für die Kreuzkopfzapfen, unten für den KW-Zapfen) mit der Handsäge wird das Gewinde für die Bolzen geschnitten, die Flächen geglättet, und mit Messing-Passblechen alles wieder zusammengebaut, um dann die Lagerbohrungen auszudrehen. Diese Aufgabe war mir zu heikel, und beschloss, sie in Auftrag zu geben. Eine CNC-Fräse sollte es richten.

Das bekannte Problem: große Werkstatt, kleiner Auftrag, wenig Zeit... Kurz vor Weihnachten bekam ich die Teile zurück. Total verbaut, 2 mm aus der Toleranz, es wurde möglicherweise freihändig mit der Bohrmaschine gearbeitet... ich kann es mir sonst nicht erklären. Trost: die "Arbeit" wurde um sonst durchgeführt.




Prüfen der Lagerachsen auf Parallelität: unten 2 mm Abweichung



und mittig wurde auch nicht gebohrt...!


Jetzt ging es darum, die Teile zu retten. Die einzige Möglichkeit war, die Bohrungen von 16 auf 18 mm zu vergrößern, und die Kreuzkopfzapfen mit Buchsen zu versehen. Mit Hilfe einer einfachen Vorrichtung und mit dem Befestigungswinkel war ich doch in der Lage, die Arbeit mit dem Ausdrehkopf sehr genau durchzuführen.




Von hinten durch die Brust ins Auge: Ausdrehen der oberen Lagerbohrungen



Bearbeitung der fehlenden Teile für den Probelauf

Die Stephenson-Kulissen machten große Freude. Nix CNC! Geduldige, stundenlange Einstellarbeit mit Tuschierfarbe und Schaber. Etwas für Rentner... Der Stein gleitet dann spielfrei im Schlitz der Kulisse.




Konusdrehen zwischen den Spitzen: Griff der Stephenson-Kulisse



Gewindeschneiden für die Begrenzungsbolzen


An den Zylindern mussten noch die Bohrungen für Entwässerung (1/8") und Dampfeinlass (1/2")angebracht werden.


Dampfeinlassbohrung 1/2" mit der "automatischen" Gewindeschneidvorrichtung


Die Schwungräder waren bis jetzt nur einseitig gedreht. Meine einzige Möglichkeit, die andere Seite zu drehen, war, das Rad auf eine Stange zwischen den Spitzen zu montieren.


Das Schwungrad ist beinahe so groß wie die Drehbank...


Ein paar Kleinigkeiten noch, wie z.B. die Gabelköpfe für die Exzenterstangen



Ausfräsen der Gebelköpfe für die Exzenterstangen


Kolbenschieber und Kolben
Ich habe die ursprüngliche Idee verworfen, den Schieberkolben mit einer Labyrinthdichtung zu versehen (sie ist nur für rotierende Teile geeignet). Eine enge Passung soll für die Trennung der Kanäle sorgen. Die Zylinderbohrung wurde auf 27 H7 gerieben. Nach vorsichtigem Probieren ergaben 26,99 mm für den Schieberkolben die richtige Schiebepassung.



Kolbenschieber mit Stange, Stopfbuchsenpackung und Teile des Gelenks

Die Konstruktion des Arbeitskolbens ist sehr einfach, beinahe primitiv (Möglichkeiten einer kleinen Hinterhofwerkstatt Ende des 19. Jahrhunderts). Der Kolben wird direkt auf die Stange aufgeschraubt, eine konzentrische Befestigung ist dadurch nicht möglich, er "eiert". Das Befestigungsgewinde für den Kreuzkopf ist zu lang, führt zum Klemmen. Das alles habe ich nachträglich geändert, mehr dazu später. Für den Probelauf habe ich schnell zwei provisorische Kolbenringe aus PVC gefertigt.


Arbeitskolben mit 2 PVC-Ringen, Kolbenstange

Kreuzkopfführung
Die Konstruktion sieht keinerlei Verstellmöglichkeiten vor. Alles muss genau passen, sonst klemmt es. Und gerade das ist eingetreten (was Rainer's scharfes Auge voraussah...). Die Abweichungen sind so gering, dass ich sie nicht feststellen kann, aber es klemmt! Die Lösung war jedoch einfach. Ich habe die Bohrungen im Kreuzkopf für die Aufnahme von Sintergleitbuchsen (16 x 20) vergrößert (auf 20,1 mm), und die Buchsen dann eingeklebt. Die großzügige Passung führte dazu, dass sich die Buchsen die richtige Stelle ausgesucht haben. Die Führung gleitet jetzt anstandslos.


Kreuzkopfführung mit eingeklebten Sinterbuchsen

Jetzt habe ich alle Teile eines Zylinders fertig, die ich für den Probelauf brauche. Im Januar geht es weiter.